Vom Aufstehen. Helga Schubert

Heute wieder in Kurzform ein paar Worte zu einem meiner absoluten Highlights in diesem Frühling. Ich empfehle es immer wieder gern in der Buchhandlung. Und wenn dann nach mehreren Tagen die Kund*innen wieder zu mir kommen, um mit mir über dieses Buch zu reden und mir ihre Begeisterung für die Lektüre mitzuteilen – dann bin ich einfach nur glücklich.

Dass die Autorin Helga Schubert nicht mehr ganz jung ist, spüren wir mit den ersten Zeilen ihrer Erinnerungen: „Ich bin ein Kriegskind, ein Flüchtlingskind, ein Kind der deutschen Teilung“ (Seite 25).

Manche der Erinnerungen sind traurig, nie aber düster oder bitter. Immer schwingt darin etwas Leichtes. Präzise und feinsinnig erzählt Helga Schubert, nimmt uns direkt mit an die Orte ihrer Erinnerung. Einen nennt sie den „idealen Ort der Erinnerung“, mit dem sie alle Kälte ihres Lebens aushalten konnte.
Es ist die Hängematte im Garten ihrer Großmutter bei Greifswald. Sommerferienstart mit Muckefuck und Streuselkuchen … umhüllt vom Duft der Klaräpfel. Mit diesen ersten Sätzen hat sie mich schon komplett reingezogen. Und bis zum Ende des Buches in Atem gehalten.

Wenn ich es mit irgendeinem anderen vergleichen müsste, würde mir das schwer fallen. Dieses Buch ist so einzigartig.
Manchmal eigenwillig, dann wieder ganz selbstverständlich spinnt Helga Schubert ihren Erzählfaden. Manche Erinnerungen tauchen mehrmals auf, wie das Trauma des abwesenden Vaters, der im Krieg umkam. Oder die seltsamen und oft abfälligen Bemerkungen ihrer Mutter zur Tochter.
Sie erzählt aber auch vom Leben in der DDR, einem Land, welches sie zunehmend absurd findet bis zum Tag des Mauerfalls.

Und als sie dann im Jahr 2020 erneut nach Klagenfurt eingeladen wird (wie bereits 1980, doch die DDR-Regierung hatte ihr verboten, zu reisen), da scheint sich ein Kreis zu schließen und sie gewinnt den Ingeborg-Bachmann-Preis. Aktuell ist „Vom Aufstehen“ nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse 2021.

Ein ganzes Leben und achtzig Jahre deutsche Geschichte finden sich in diesem schmalen klugen Buch und ich hab es wahnsinnig gern gelesen.

Helga Schubert. Vom Aufstehen. Verlag dtv. 2021. 224 Seiten. 22,-€

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